Rom, die viel begangene Stadt, besucht Angelika Reitzer in ihrem titelgebenden Zyklus Blauzeug. Sie trifft auf Arbeiterinnen, Dichter und Künstlerinnen, erfährt das traurige Schicksal der kapitolinischen Wölfin und kommt vorbei an Märkten, auf denen sich die Tische unter Fleisch und frischen Früchten biegen. Einmal himmelfarben, einmal im Wasser der Brunnen, einmal ausgebleicht erzählt sie die Stadt in allen Blautönen, die sich mit Rot zu Violett vermischen, der Farbe der Fastentücher, mit denen die Altäre in den Kirchen verhängt werden. Doch auch andernorts ist das Blauzeug präsent, in den zwischenmenschlichen Beziehungen und im Alltag.
Angelika Reitzers Gedichte sind involvierende Beobachtungen, sie erzählen vom Aneinanderkrachen der Bewohner*innen in einem Wiener Wohnhaus während der Pandemie oder der Unfassbarkeit des Terrorangriffs am Schwedenplatz. Anhand lyrischer Indizes legt Angelika Reitzer schließlich die grundlegenden Kategorien ihres literarischen Seins offen, berichtet und reflektiert Kindheit, Wohnen, Arbeiten und Demokratie, legt Hintergründe und Haltungen dar. Eines gilt dabei stets: »Es wird alles, alles mit eigenen Augen besehen.«
Angelika Reitzer, 1971 in Graz geboren, lebt als Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Filmemacherin in Wien. 2022 wurde die partizipative und inklusive Oper Regina im Rahmen des steirischen herbst uraufgeführt, 2025 das Musical Wenn der Wald geht. Der Essay-Kurzfilm abstechen lief im internationalen Wettbewerb der Kurzfilmtage Oberhausen. Literarische Publikationen zuletzt: Inventar der Gegend (Lyrik–Musik–Fotografie, edition kürbis), Obwohl es kalt ist draußen, Wir Erben (Romane, Jung und Jung). Preise: Outstanding Artist Award, Literaturpreis des Landes Steiermark, Literaturförderpreis der Stadt Wien, Reinhard-Priessnitz-Preis, Marianne-von-Willemer-Preis u. a.