Bücherschau Nr. 220
Von Missverständnissen und falschen Bildern
Die Bücherschau 220 bietet interessante AutorInnenporträts, Neuigkeiten über den Buchmarkt und zahlreiche Rezensionen. Auf dem Cover der aktuellen Ausgabe findet man diesmal das Motiv des neuesten Romans von Mario Vargas Llosa, einem der gegenwärtig wichtigsten Autoren, der sich auch stets deutlich und kritisch zu politischen und gesellschaftlichen Themen äußert.
Der klarsichtige Analytiker und furchtlose Störenfried
Mario Vargas Llosa ist für viele nicht nur der wichtigste lebende lateinamerikanische Autor, sondern überhaupt einer der wichtigsten Autoren der Gegenwart. Nach dem Tod von Gabriel García Márquez, seinem früheren Freund und späteren Konkurrenten, ja Feind, dem er stets den Vortritt lassen musste, bekam er (erst) 2010 den Literaturnobelpreis zugesprochen (García Márquez immerhin bereits 1982). Und Vargas Llosa galt stets neben dem linken, weltoffenen Kolumbianer als der intellektuelle Maßanzugträger, der mit den Mächtigen speist, als der konservative Angepasste. Doch dieses Bild ist grundfalsch. Warum, das erklärt Robert Leiner in seinem ausführlichen Porträt auf den nächsten Seiten.
100 Jahre Marlen Haushofer
Eine Autorin, deren Persönlichkeit in der Öffentlichkeit ebenso durchaus falsch bzw. kaum kenntlich dargestellt wurde, ist die früh 1970 verstorbene Marlen Haushofer. Ihre Werke, auch der später berühmte Roman "Die Wand", standen sehr lange im Schatten ihrer besser im Literaturbetrieb tätigen Kolleginnen. Zu Unrecht, wie Brigitte Winter nicht zuletzt in ihrem einfühlsamen Porträt zur 100. Wiederkehr des Geburtstages von Marlen Haushofer zeigt.
Situationskomik, Tiefsinn und erzählerische Leichtigkeit
Heimo Mürzl stellt uns anschließend mit René Freund einen Autor vor, dessen Bücher von einer so unaufdringlichen Kunstfertigkeit sind, dass man sie ebenfalls leicht übersehen könnte. Geistreicher Witz paart sich hier mit formalem Handwerk und stilistischer Solidität in bester angelsächsischer Erzähltradition – seine Bücher sind ein Lesevergnügen. Und das ist in der deutschsprachigen Literatur nicht selbstverständlich.
Der Mann, der die Instinkte liebte
Der mittlerweile als Klassiker der englischen Literatur geltende D.H. Lawrence ist vor allem mit einem Buch berühmt und berüchtigt: "Lady Chatterley". Auch das ist ein Missverständnis. Über den Skandal, den der Roman auslöste, war er empört. In der Beziehung zwischen Lady Chatterley und ihrem Geliebten ist der harmonische Ausgleich von Geist und Körper als Verwirklichung der "wahren Liebe" inszeniert. Aber eine von der viktorianischen Moral tabuisierte Ausdrucksweise und detaillierte erotische Beschreibungen schockierten die Öffentlichkeit und machten den Liebesroman zum Skandal. D.H. Lawrence schrieb noch andere großartige Romane und auch wundervolle größere Erzählungen, wie uns Christine Hoffer in ihrem kenntnisreichen Porträt zeigt.
Die Andere Bibliothek
Vor 35 Jahren erschien der erste Band einer Edition, die von vielen als die schönste Buchreihe der Welt angesehen wird. Initiator und Herausgeber war der umtriebige Autor Hans Magnus Enzensberger, der mit dieser neuen bibliophilen Buchreihe die übliche Verlagspraxis brechen wollte. Später übernahmen andere Herausgeber und seit einigen Jahren verantwortet Christian Döring, lange Jahre legendärer Lektor bei Suhrkamp, später Verleger bei DuMont, das Programm. Unter seiner Ägide erscheinen weiterhin grandiose, lange verschollene oder in deutscher Sprache noch nie erschienene Bücher, kunstvoll angefertigte Einzelstücke. Grund genug für Peter Klein für ein ausführliches Porträt.
Rezensionen – von Romanen über Sachbücher bis zu Graphic Novels
Weiters finden Sie in dieser Ausgabe der Bücherschau wieder Rezensionen von etwa 100 Büchern, Hörbüchern und Dokumentarfilmen, wobei das Spektrum von Romanen über Sachbücher zu allen Themen bis zu Graphic Novels reicht.
Die Bücherschau
Die Rezensionszeitschrift des Büchereiservice des ÖGB erscheint dreimal jährlich als Printausgabe und als Website www.buecherschau.at. Sie informiert über aktuelle Buchneuerscheinungen und Geschehnisse auf dem Literaturmarkt bzw. im Bibliotheksbereich. Vom Büchereiservice des ÖGB betreute Büchereien/Bibliotheken als Inhaber des Bücherei-Serviceschecks erhalten ein Exemplar der Bücherschau gratis. Für alle anderen BezieherInnen kostet das Jahresabonnement EUR 15,– (Einzelheft EUR 6,–).